Die Desinformationsepidemie in Afrika
Dass „alternative Fakten“ lebensbedrohlich sein können, zeigt sich aktuell in Afrika. Eine fahrlässige Äußerung des US-Präsidenten und Falschmeldungen über vermeintliche Heilmittel haben verheerende Folgen. Eine Faktencheck-Plattform versucht, die Nachrichtenflut zu ordnen.
Knoblauch, Ingwer, Rinder-Urin: Laut zahlreicher Blogs und Facebook-Seiten in Äthiopien ist durch diese Hausmittel die Corona-Pandemie bereits gebannt. Tansanias Präsident John Magufuli ließ über soziale Kanäle die Meldung verbreiten, das Inhalieren von Wasserdampf oder das Baden in sehr heißem Wasser töte alle Viren ab. Die Gegendarstellung der WHO hat kaum Gehör gefunden. Statt sich Tests zu unterziehen und auf Hygieneregeln zu achten, sollten sich Menschen lieber selbst therapieren, empfehlen Facebook-Seiten in Nigeria. Im besten Fall mit oben genannten Hausmitteln. Im schlechtesten Fall: mit einem halben Liter Bleichmittel, oral zugeführt. Seit Anfang März, wenige Wochen nach dem Erscheinen der Nachricht, ist der Verkauf von Chloroquin in dem westafrikanischen Land tatsächlich angestiegen.
Nicht nur durch die vielerorts kritische medizinische Versorgungslage in Zentral- , West- und Ostafrika finden diese Theorien große Resonanz. Blogger und Influencer hängen von ihren Followern ab. Für sie bedeutet mehr Aufmerksamkeit: mehr Geld. Deswegen verbreiten einige von ihnen durch bezahlte Online-Werbung in ihren Heimatländern perfide Verschwörungstheorien zum Virus oder fälschen Nachrichten.
Auch die Behauptung des US-Präsidenten Trump, das Malaria Medikament Hydroxychloroquine habe erste Erfolge im Kampf gegen Corona geliefert, zog in Nigeria und Kenia große Kreise. Dabei entpuppte sich das Mittel als wirkungslos gegen Covid-19.
Gegen die grassierende Desinformationsepidemie stellt sich die 2012 gegründete Seite AfrikaCheck.org. Sie klärt über die Gefahren der falschen Informationen auf und setzt Äußerungen von Politikern in einen neutralen Kontext.
So führte ein Beitrag von AfrikaCheck.org zur Verhaftung eines nigerianischen Bloggers, der wiederholt behauptet hatte, ein Gegenmittel gefunden zu haben. Um Panik zu schüren, hatte er zudem Bilder gepostet und mit der Caption versehen: „Millionen Tote in Folge des Corona-Virus in China“. Das Bild: Dutzende Menschen, die regungslos auf der Straße liegen. Dass es sich dabei um eine Kunstinstallation in Frankfurt zum Gedenken an den Holocaust handelt, hat er wissentlich verschwiegen.
Schon die Gründung des Korrektivs AfrikaCheck.Org erfolgte aus einem Notstand heraus: Vor acht Jahren wurde fälschlicherweise vor den Folgen einer Polio-Impfung gewarnt. Erst im Jahr 2019 konnte Nigeria als letzter afrikanischer Staat als erregerfrei erklärt werden.